top of page

Magic Rocks Show im Friedrichsbau Varieté in Stuttgart

Bevor ich meine Meinungen schildere möchte ich ein Zuschauergespräch wiedergeben, dass ich mitgehört habe:

"Das hier ist viel besser als die Ehrlich Brothers. Bei den Ehrlich Brothers haben wir über 100 Euro Eintritt gezahlt, aber die haben nur Sachen gezeigt, die man schon aus dem Fernsehen kannte. Der einzige Unterschied war, dass der Zuschauer Hans-Peter dann Joachim hieß. Außerdem gingen auch noch zwei Illusionen schief."

Bei mir war leider das Gegenteil der Fall. Während die Ehrlich Brothers mich mit neuen Illusionen begeisterten fand ich die Kistenschieberei über zwei Stunden eher einschläfernd. Das lag allerdings nicht an den einzelnen Nummern oder Akteuren sondern vielmehr an dem Konzept der Show. Was sich in der Theorie toll anhört ("Hey lass uns eine Show Magic Rocks nennen, dann nehmen wir einfach Unmengen an Großillusionisten, füllen die Bühne, machen fetzige Musik dazu, ein bisschen Feuer, tolle Assistentinnen, ... das wird der Hammer") ist dann in der Praxis doch von vielen Problemen gekennzeichnet. Gerade wenn dafür auch noch zusammenhängende logische Nummern zerpflückt und zu einer Aneinanderreihung von Illusionen kombiniert werden:

  1. Alles ist in schwarz und Leder und ab und an eine Frau im roten Kleid.

  2. Eine Großillusion in einer Show ist gut, zwei ok, ab drei klassischen Illusionen wird es Kistenschieberei (O-Ton Zuschauer neben mir: "Das sind ja immer so Kisten, die die dann hin und herschieben. Aber wenn die so schnell den Platz wechseln, dann hab ich keine Ahnung wie das geht.").

  3. Alle Illusionisten scheinen offenbar ihrem Vorbild Hans Klok nachzueifern, aber keiner schafft es mit dieser Persönlichkeit, Präsentation und Erfahrung von Hans mitzuhalten. Ein bisschen fallen Sven Alexiuss und Joan aus Österreich aus dem Rahmen, die versuchen ein klein wenig Humor und Kreativität auf die Bühne zu bringen. Außerdem ist Christian Greg mit dabei, dem man seine jahrelange Bühnenerfahrung anmerkt und der noch am ehesten an Hans Klok heranreicht. Kurz gesagt: Man hätte einfach vier Profitänzer auf die Bühne stellen können und sich eine Unmenge an Illusionen leihen und die Zuschauer hätten keinen Unterschied bemerkt. Außer beim Finale, wenn alle Akteure nochmal die Bühne betreten.

  4. Jorgos Katsaros versucht als schwäbelnder Grieche einen Gegenpol zu bilden. Allerdings sitze ich in der letzten Reihe und viele der Dinge, die er macht, gehen optisch für mich verloren, schon deshalb springt der Funke nicht auf mich über.

  5. Mir geht dieses chauvinistische Gehabe der männlichen Großillusionisten auf den Geist. Die unterwürfige Assistentin, die den Macho anhimmeln muss - das ist altbacken, billig und nicht zeitgemäß.

  6. Die gesamte Show wirkt relativ abgespult und die Dialoge klingen unecht und abgesprochen.

  7. Die Logistik so vieler Illusionen schien mir allerdings unglaublich gut gelöst, und davor ziehe ich meinen Hut.

  8. Großillusionisten sind oftmals nicht kreativ - in diesem Bereich kostet es immer direkt viel Geld kreativ zu sein. Dadurch hat man halt 2x Spiker, 3x Saalerscheinen und gefühlt 100x mal eine Erscheinung mit Nebel und im Nebel. Ausnahme bildet noch eine Schwebeillusion im Halb- bis Ganzdunkel und extra viel Nebel! Wenigstens gibt es noch starke Gegenstrahler ins Publikum...

  9. Nur wenn man seine normale Musik durch AC/DC Musik tauscht, ist das noch lange kein Rock.

  10. Es scheint eine Regel zu geben, dass Großillusionisten immer cool gucken müssen. Das führt dazu, dass mich nichts berührt, da über zwei Stunden die exakt gleiche Stimmung durchgezogen wird.

  11. Skizzo ist der einzige nicht Großillusionist im Programm. Er passt auch zu Magic Rocks und schafft es zu den Zuschauern durchzukommen. Aber sein Zuschauerumgang gefällt mir einfach nicht. Zu sehr werden hier die Zuschauer auf der Bühne runter gemacht und verunsichert. Lustig ist das allemal, nur halt für den einen Zuschauer nicht.

Ich kenne viele der Auftretenden persönlich. Ich weiß, wie viel Arbeit sie in ihre Nummern stecken. Und ich weiß, dass jeder einzelne für sich genommen ein Könner seines Faches ist. Kritisieren ist immer einfacher, als alles selbst umzusetzen. Ich weiß nicht, ob ich es selbst besser hinbekommen hätte.

PS: Hier gibt es noch eine Kritik aus Laiensicht zu der Show: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.magic-rocks-im-friedrichsbau-variet-magische-maenner-devote-damen.decd016a-265d-4a5e-8256-dda9e1740d44.html

PPS: Für MZvD-Mitglieder gibt es noch einen Bericht von Eberhard Riese zur Show in der Fachzeitschrift MAGIE (Mai-Ausgabe 2019). Ebenfalls sehr lesenswert!




0 Kommentare
bottom of page